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Die ewige Suche nach dem Sinn: Warum wir Kata-Namen übersetzen

  • Autorenbild: Lizbeth Wischnewski
    Lizbeth Wischnewski
  • 1. Okt.
  • 2 Min. Lesezeit

Glaskugel auf einer Hand
Die Suche nach dem Ursprung

Kata sind das Herzstück des Shōtōkan Karate. Diese festgelegten Abfolgen von Techniken werden auch schon mal als "Volkstänze des Karate" beschrieben und das trifft es überraschend gut. Sie sind voller Tradition, Geschichte und, anders kann man es wohl nicht beschreiben, auch ein bisschen Rätselraten. Denn wer sich schon mal die Mühe gemacht hat, die Namen der Kata zu "übersetzen", merkt schnell: Das ist ungefähr so sinnvoll, wie deutsche Nachnamen auf einer Party zu deuten. Irgendwer wird immer behaupten, es habe eine tiefe Bedeutung, aber so richtig wissen tut es kaum jemand.


Rätselhafte Namen und die Kunst des Ratens

Nehmen wir Kata wie Bassai-Dai, Enpi, Jion oder Sochin. Klingen eindrucksvoll, nicht wahr? Das Problem: Niemand weiß mehr so genau, was die Namen ursprünglich bedeuteten und deren Geschichte. Die Kanji, mit denen sie geschrieben werden, sind oft uneindeutig, manchmal gibt es mehrere Versionen, und gelegentlich handelt es sich schlicht nicht um echte japanische Wörter. Das heißt: Wir interpretieren. Oder besser gesagt: Wir raten und tun dabei so, als wüssten wir es ganz genau.

Kata-Namen zu übersetzen ist ein unterhaltsames Spiel, aber selten mehr als das. Das "alte Wissen" ist im Sand der Zeit verloren gegangen, odera nders gesagt: Wir tappen fröhlich im Dunkeln und reden uns ein, darin die Erleuchtung zu finden.


Funakoshis politisches Feingefühl

Ein Grund für die Verwirrung liegt bei Funakoshi Gichin, dem Vater des modernen Karate. Als er Karate von Okinawa nach Japan brachte, dachte er, er müsse es für das nationalistische Japan attraktiver machen. Exotische chinesische oder okinawanische Namen kamen da schlecht an, also griff Funakoshi beherzt zum Stift und "japanisierte" die Bezeichnungen.

So wurde aus Pinan das etwas staatstragender klingende Heian (Frieden), und Kushanku mutierte zu Kanku. Auch der Begriff Toudi (Chinesische Hand) wurde durch das heute gebräuchliche Karate („Leere Hand“) ersetzt. Manche Umbenennungen setzten sich durch, andere scheiterten grandios: Sochin in Hakko? Ignoriert. Gojushiho in Hotaku? Abgelehnt. Die Schüler mochten es lieber exotisch. Ironie des Schicksals.


Der fehlende tiefere Sinn

Und hier liegt der Kern der Sache: Viele Kata-Namen haben schlicht keinen verborgenen, tieferen Sinn. Einige beschreiben einfach die Anzahl der Schritte (Seisan = 13, Nijushi = 24, Sanseiryu = 36, Gojoshi = 54). Andere beziehen sich auf Tempel (Jion) oder vielleicht auf Personen (Bassai, vorher Passai). Das ist alles. Kein geheimer Code, keine uralte Weisheit.

Die Wahrheit ist: Kata sind in erster Linie Bewegungsabläufe, die wir lernen, üben und weitergeben. Dass wir ständig versuchen, ihre Namen in große spirituelle Konzepte zu verwandeln, sagt mehr über unser menschliches Bedürfnis nach Bedeutung aus, als über die Kata selbst.


Schönheit ohne Übersetzungswahn

Natürlich darf man spekulieren, und natürlich darf man Übersetzungen spannend finden. Aber wir sollten ehrlich bleiben: Die meisten Bedeutungen sind Erfindungen späterer Generationen. Kata sind wie japanische Burgen: wunderschön, beeindruckend, voller Details und vor allem: Nützlich. Man muss sie nicht künstlich mystifizieren, um sie wertzuschätzen.

Also: Üben wir Kata, genießen wir ihre Eleganz, und wenn uns mal wieder jemand erklärt, dass Bassai „die geheime Technik der Festungseroberung im Dunkeln“ sei... lächeln wir höflich, nicken zustimmend und erinnern uns daran: Keiner weiß es so genau. Und das ist völlig in Ordnung.

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