SHŌTŌKAN KARATE
Die Wurzeln des Karate reichen viele Jahrhunderte zurück. Auf der japanischen Insel Okinawa entwickelte sich aus den Einflüssen der chinesischen Kampfkunst (Quanfa) und den einheimischen Selbstverteidigungssystemen (Tī) ein eigenständiger Stil. Diese Kunst verband effektive Techniken mit einer klaren Philosophie: den Körper zu stärken und gleichzeitig den Charakter zu formen.
Funakoshi Gichin – der Begründer des modernen Karate
Als „Vater des modernen Karate“ gilt Funakoshi Gichin (1868–1957). Er brachte Anfang des 20. Jahrhunderts das Karate von Okinawa nach Japan. Dort lehrte er die Kunst in Universitäten und Schulen und legte besonderen Wert auf den erzieherischen und geistigen Aspekt des Karate. Sein Künstlername „Shōtō“ (Pinienrauschen) gab der Stilrichtung ihren Namen: Shōtōkan – das „Haus Shōtōs“. Unter seiner Leitung entwickelte sich Karate zu einer Kampfkunst, die weit über Selbstverteidigung hinausgeht und als Weg der Persönlichkeitsbildung verstanden wird.
Vom Shōtōkan zum modernen Wettkampfsystem
Nach Funakoshis Tod führten seine Schüler die Lehre weiter. Das Training wurde systematisiert, Techniken verfeinert und internationale Strukturen geschaffen. Damit begann die weltweite Verbreitung des Shōtōkan Karate, das heute der meistpraktizierte Stil ist.
Shihan Abe Keigo – Bewahrer der Tradition
Ein bedeutender Schüler dieser Linie war Shihan Abe Keigo (1938–2019). Als direkter Schüler von Nakayama Masatoshi, einem der engsten Schüler Funakoshis, verkörperte Abe die Verbindung von tiefer technischer Meisterschaft mit den ursprünglichen Werten des Karate-dō. Er war bekannt für sein präzises, kraftvolles Karate und seine unermüdliche Hingabe an die Tradition.
Im Jahr 1999 gründete Shihan Abe die Japan Shotokan Karate Association (JSKA). Ziel war es, Karate in der ursprünglichen, von Funakoshi geprägten Form zu bewahren und weltweit zu vermitteln – mit einem besonderen Schwerpunkt auf Disziplin, Respekt und der geistigen Entwicklung der Übenden.
Karate heute
Dank dieser Entwicklungen ist Shōtōkan Karate heute in allen Teilen der Welt verbreitet. Es verbindet Menschen verschiedener Kulturen, Generationen und Hintergründe in einer gemeinsamen Praxis. Im Sinne von Funakoshi und Abe ist Karate dabei nicht nur Technik, sondern vor allem ein lebenslanger Weg – der Karate-dō.