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Karate und japanische Kultur: Wie Shōtōkan Karate zur modernen Kampfkunst wurde

  • Autorenbild: Lizbeth Wischnewski
    Lizbeth Wischnewski
  • 17. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit
Schriftrolle mit Tiger
Logo des Shōtōkan

Karate ist heute weltweit verbreitet und einer der bekanntesten Kampfkünste überhaupt. Die Wurzeln liegen jedoch nicht in Japan, sondern auf Okinawa, einer kleinen Inselgruppe, die historisch zwischen China und Japan stand und von beiden Kulturen geprägt wurde. Aus dieser einzigartigen Mischung entstand eine Kampfkunst, die zunächst der Selbstverteidigung diente und erst im 20. Jahrhundert durch Funakoshi Gichin zu dem wurde, was wir heute als Shōtōkan Karate kennen.


Von Okinawa nach Japan

Auf Okinawa verbanden sich Techniken des chinesischen Quanfa mit den einheimischen Selbstverteidigungsmethoden (). So entstand eine Kampfkunst, die über Jahrhunderte im Verborgenen weitergegeben wurde. Als Okinawa Ende des 19. Jahrhunderts offiziell Teil Japans wurde, stieg das Interesse an verschiedenen Formen der Selbstverteidigung.

Doch das ursprüngliche "Tōde" oder "Okinawa-Te" war vielen Japanern fremd. Es hatte chinesische Schriftzeichen im Namen, beinhaltete Bewegungen, die nicht zum japanischen Verständnis von Budo passten, und war wenig bekannt. Damit Karate in Japan Akzeptanz finden konnte, musste es kulturell eingebettet werden.


Funakoshi Gichin - der Vater des modernen Karate

Funakoshi Gichin (1868–1957), ein Grundschullehrer aus Okinawa, wurde zur entscheidenden Figur in dieser Entwicklung. Er brachte Karate nach Japan und präsentierte es erstmals 1922 in Tokio auf Einladung des japanischen Kaisers. Doch damit war seine Arbeit nicht getan, er musste Karate an die japanische Kultur anpassen, ohne den Kern der Kunst zu verlieren.


Schritte zur kulturellen Anpassung

  • Namensänderung: Das ursprüngliche Schriftzeichen für "Kara" bedeutete "China" (唐). Karate stand also wörtlich für "Chinesische Hand" (唐手) Funakoshi änderte es in das japanische Zeichen für "leer" – aus "Chinesischer Hand" wurde "leere Hand" (空手). Damit war Karate nicht mehr eine fremde, chinesische Kunst, sondern ließ sich nahtlos in die japanische Budo-Tradition einordnen.

  • Einführung von Etikette: Funakoshi legte großen Wert auf Disziplin, Respekt und den rituellen Rahmen des Trainings. Begrüßungen (rei, 礼), klare Hierarchien und die Werte des  (Weg, 道) machten Karate zu mehr als Techniken, zu einem Lebensweg, wie er in Japan auch beim Kendō (剣道), Judō (柔道) oder Kyūdō (弓道) verstanden wird.

  • Systematisierung des Trainings: Karate wurde in Kihon (Grundschule, 基本), Kata (Formen, 型) und Kumite (Partnerübungen, 組手) gegliedert; eine Struktur, die es verständlicher und zugänglicher für Schulen und Universitäten machte.

  • Philosophische Grundlagen: Funakoshi betonte immer wieder, dass "Karate-Dō" nicht nur Kampf, sondern vor allem Persönlichkeitsbildung sei. Sein berühmtes Zitat "Karate ni sente nashi" (Im Karate gibt es keinen ersten Angriff, 空手に先手なし) verdeutlicht die ethische Grundlage.


Die Rolle der japanischen Kultur

Die japanische Kultur prägte das Karate entscheidend. Die Idee des  (Weg, 道), die bereits in den Künsten wie dem Teeweg (Sadō, 茶道) oder dem Schwertweg (Kendō, 剣道) existierte, wurde auch im Karate verankert. Statt nur Technik zu üben, sollte der Karateka an seiner Persönlichkeit arbeiten: Bescheidenheit, Durchhaltevermögen, Selbstkontrolle.

Gleichzeitig brachte die japanische Gesellschaft Karate in die Breite: Universitäten gründeten Karate-Clubs, es entstanden nationale Organisationen, und Karate wurde zu einer anerkannten Budo-Disziplin neben Judō und Kendō.


Shōtōkan – Funakoshis Vermächtnis

Funakoshi selbst gab sich den Namen "Shōtō" (Pinienrauschen, 松濤) für seine Schriften und sein Dōjō (Trainingsraum, 道場) wurde "Shōtōkan" (Halle des Pinienrauschens, 松濤館) genannt. Heute ist Shōtōkan der weltweit am meisten verbreitete Karatestil. Er vereint die Wurzeln aus Okinawa mit der japanischen Struktur und Philosophie, eine Kampfkunst, die im Training von Technik und Körperkraft ebenso wie in der inneren Haltung und Disziplin Ausdruck findet.


Karate als japanische Kampfkunst mit okinawanischen Wurzeln

Ohne Funakoshis Anpassungen wäre Karate vielleicht eine regionale Kampfkunst geblieben. Erst durch die Einbettung in die japanische Kultur, die Verbindung mit Werten wie Respekt, Disziplin und Charakterbildung, konnte Karate zur globalen Kampfkunst werden, die Millionen Menschen auf der ganzen Welt praktizieren.

Shōtōkan Karate ist damit nicht nur ein Stück Okinawa, es ist auch ein Spiegel der japanischen Kultur, die aus Technik einen Lebensweg gemacht hat.

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